Die 2021 gewählte Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die kontrollierte Abgabe von Cannabis als Genussmittel in Deutschland zuzulassen. Dieser Schritt wird vom Bundesverband pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen e.V. (BPC) begrüßt.
Die Regulierung von Genusscannabis kann die Qualität und Sicherheit der Produkte sicherstellen sowie den Schwarzmarkt eindämmen. Hierbei sind die Prävention von Missbrauch sowie der Schutz vulnerabler Gruppen von elementarer Bedeutung und müssen bei der Umsetzung eine tragende Rolle spielen.
Die Bundesregierung und die pharmazeutische Cannabisindustrie können auf Erfahrungen aus fünf Jahren medizinischem Cannabis in Deutschland zurückgreifen. Darüber hinaus bieten die Erkenntnisse zur Cannabislegalisierung in anderen Staaten eine gute Gelegenheit, um einen optimalen Weg für Deutschland einzuschlagen. Als Verband bündeln wir diese Erfahrungen der BPC-Mitglieder und stehen als Dialogpartner entlang des Gesetzgebungsprozesses und darüber hinaus jederzeit bereit.
Der BPC vertritt zu wesentlichen Kernfragen der Cannabis-Legalisierung folgende Positionen:
1. Versorgung von Patient:innen sicherstellen und verbessern
Medizinisches Cannabis wird bei einer Vielzahl von Indikationen erfolgreich eingesetzt und trägt damit einen großen Teil zur Lebensqualität von Patient:innen bei.
Durch die Schaffung eines Genusscannabis-Marktes darf die Versorgung von Patient:innen mit medizinischen Cannabisprodukten nicht eingeschränkt oder gefährdet werden.
Vielmehr muss die Gelegenheit genutzt werden, die Regularien des pharmazeutischen Cannabis nachzubessern.
Trotz des nachgewiesenen Nutzens bleibt medizinisches Cannabis für viele Patient:innen schwer zugänglich. Die Verschreibung und Kostenerstattung sind mit hohen Hürden verbunden. Unter anderem der Genehmigungsvorbehalt der gesetzlichen Krankenkassen führt dazu, dass viele Patient:innen ihre Cannabistherapie aktuell selbst finanzieren müssen.
Darüber hinaus besteht das Risiko, dass Patient:innen aus Kostengründen auf das zukünftige Genusscannabis ausweichen könnten. Eine Cannabistherapie sollte immer in Begleitung von medizinischem und pharmazeutischem Fachpersonal erfolgen. Eine Form der Selbstmedikation muss verhindert
werden.
Der BPC fordert den Gesetzgeber daher auf, die Verschreibung und Kostenerstattung von medizinischem Cannabis zu vereinfachen, die Therapiehoheit der Ärzt:innen zu stärken und den Genehmigungsvorbehalt abzuschaffen.
2. Aufklärung und Jugendschutz
Der BPC spricht sich ausdrücklich für eine umfassende Aufklärung und Sicherung des Jugendschutzes aus. Insbesondere der Konsum durch Kinder und Jugendliche ist kritisch zu betrachten. Eine Abgabe von Genusscannabis muss einer strengen Alterskontrolle unterliegen.
Ein generelles Werbeverbot lehnt der BPC ab, da der transparente Umgang mit faktenbasierten Informationen zur Aufklärung, Beratung und Entstigmatisierung beiträgt. Zentral müssen hierbei der Jugendschutz und die Suchtprävention sein.
Ein Teil der Steuereinnahmen aus dem Verkauf von Cannabisprodukten sollten in zielgruppengerechte Maßnahmen zur Aufklärung, Suchtberatung und in den Jugendschutz fließen.
3. Ausreichende Versorgung sicherstellen und Verdrängung des Schwarzmarktes gewährleisten
Die Ziele der Legalisierung von Cannabis als Genussmittel können nur erfolgreich erreicht werden, wenn dem deutschen Markt von Anfang an qualitätsgesicherte Produkte ausreichend zur Verfügung stehen, um den Schwarzmarkt effektiv zu verdrängen.
Daher ist es aus Sicht des Verbandes von großer Relevanz, sich frühzeitig mit der Versorgungskette auseinander zu setzen. Wie auch bei der Versorgung von Patient:innen mit medizinischem Cannabis wird es für den Markt mit Genusscannabis notwendig sein, sowohl eine nationale Produktion als auch den Import aus EU- und Nicht-EU-Ländern zu ermöglichen.
Anders als bei medizinischem Cannabis sollte ein zentraler Ankauf und eine zentrale Distribution der Produktionsmengen von Genusscannabis durch eine staatliche Stelle vermieden werden. Unabhängig davon sollte die Produktion durch ein angemessenes Lizenz-Vergabe-Verfahren begleitet sein. Dieses Lizenzverfahren muss die zentrale Funktion der Sicherstellung der Qualität ausfüllen, ohne dabei das Volumen der Herstellung zu beschränken.
Der Verband ist sich den Fragestellungen des europäischen und internationalen Rechts bewusst und möchte die Bundesregierung dennoch darin bestärken, hierfür eine zügige, gründliche und rechtssichere Lösung zu finden.
4. Hohe Qualitätsstandards und Rückverfolgbarkeit der Produkte
Im Sinne des Wohls von Konsument:innen muss die Qualität und Sicherheit der Genusscannabisprodukte gewährleistet werden. Der BPC spricht sich deshalb für bundeseinheitliche Qualitätsstandards und eine klare Rückverfolgbarkeit der Produkte entlang der Lieferkette aus. Auch in einem Genusscannabismarkt sind höchste Qualitätskriterien anzustreben.
Für medizinische Cannabisprodukte haben sich die Qualitätskriterien des Deutschen Arzneibuches und die Qualitätsstandards EU-GMP (Good Manufacturing Practice) sowie GACP (Good Agricultural and Collection Practice) bereits bewährt.
Der BPC spricht sich dafür aus, dass die Qualität von Genusscannabis auf einem gleichen Niveau gewährleistet werden muss.
Der Anbau von Cannabispflanzen sollte primär in geschlossenen Räumen (u.a. Gewächshäusern) stattfinden. Auf diese Weise wird die Produktsicherheit garantiert und insbesondere Verunreinigungen ausgeschlossen.
Ferner sollten die angebotenen Produkte mit Warnhinweisen versehen werden.
5. Kontrollierter Vertrieb
Um den Schwarzmarkt bestmöglich zu verdrängen und den Jugendschutz zu gewährleisten, bedarf es einer flächendeckenden Verfügbarkeit und kontrollierten Abgabe von Genusscannabis.
Der BPC steht daher einer kontrollierten Abgabe in interessierten Apotheken, Fachgeschäften sowie dem Versandhandel positiv gegenüber.
Das angekündigte Lizenzsystem muss u.a. berücksichtigen, dass die abgebenden Stellen sowohl den Jugendschutz wahren als auch über Kapazitäten und geschultes Fachpersonal verfügen, um Konsument:innen angemessen zu beraten und aufzuklären.